Persönlicher Jahresrückblick 2023
Text als Hörfassung: ▶️Persönlicher Jahresrückblick 2024.mp3 (16 min 3 s)
Das Jahr 2024 ist bereits seit einigen Tagen angebrochen und es wird Zeit, für einen neuen persönlichen Jahresrückblick. 2023 war für mich ereignisreicher, als ich es mir vor einem Jahr noch ausgemalt hatte. Ich lade euch ein, mit mir zusammen zurück zu blicken.
Umzug und anderer privater Trubel
Vorweg, es war für mich privat ein sehr turbulentes Jahr. Im Mai bin ich in Dresden mit meinem Partner in eine gemeinsame Wohnung gezogen. Und es stehen immer noch Kisten im Weg. Außerdem gab es einige sehr harte Umbrüche in meinem privaten Umfeld, Freund·innenschaften gingen durch Krisen oder wurden beendet. Das tat weh und hat mich seit dem Sommer sehr beschäftigt. Auf der anderen Seite sind neue Personen in mein Leben getreten oder haben eine wichtigere Rolle eingenommen. Die Menschen um mich herum sind mir das Wichtigste, weshalb ich an einigen Sachen, die letztes Jahr passiert sind, noch lange zu knabbern haben werde.
Zum krönenden Abschluss hatte ich noch im November meine Erste Corona-Infektion und spüre noch immer, wie mir Kraft fehlt, die ich vorher hatte.
Neben dem Politischen, war also privat auch viel los bei mir, was ich öffentlich sonst nicht so thematisiere. Was nichtsdestotrotz das vergangene Jahr für mich extrem geprägt hat, weshalb ich es hier wenigstens anschneiden möchte.
"#FeministischeKampfwoche"
Jedes Jahr, am 8. März, wird der feministische Kampftag begangen. Ich habe eine Art Projektwoche auf meinen PeerTube- und Mastodon-Kanälen daraus gemacht und verschiedene Themenfelder aus queerfeministischer Perspektive aufgearbeitet. Ein Tag im Jahr reicht nicht aus, um über Feminismus zu sprechen. Eine Woche selbstredend auch nicht, aber zumindest in meiner Bubble konnte ich so doch einen breiteren Austausch anstoßen und es konnten hoffentlich einige Menschen etwas mitnehmen.
Die Intro-Videos, die jeden Morgen den Einstieg in einen der Thementage gegeben haben, findet ihr hier auf meinem Kurzvideo-Kanal.
Oben-ohne-Baden in Dresden
Es fing mit einem kleinen, schnell geschriebenen Antrag im März an, den Anne Herpertz und ich für die Piaten Dresden über die Dissidenten-Fraktion im Dresdner Stadtrat gestellt hatten. "Oben-ohne-Baden für alle": Gleichberechtigung bei der Badeordnung und den Kleiderregeln zu schaffen, war das Ziel. In einer Gegend, in der es schon seit Jahrzehnten eine sehr aktive FKK-Kultur gibt, eigentlich keine große Sache. Sollte mensch zumindest meinen. Die Dresdner Bäder haben dann auch, noch bevor der Antrag überhaupt im Stadtrat behandelt wurde, selbst erkannt, dass die Badeordnung aktualisiert werden sollte und wir haben unser Ziel erreicht, ohne, dass es durch den Stadtrat musste. Ach wäre es doch immer so einfach!
Aber wie sehr die Medien das Thema ausgeschlachtet haben, war unbegreiflich. Unvergessen die Bebilderung von Tag 24 oder das dann doch eher schräg geschnittene Interview von unserem Stadtrat Martin Schulte-Wissermann und mir beim MDR Magazin Voss & Team (ab 00:15:38).
Dass es uns um Gleichberechtigung ging und wir auch die Situation für Menschen nach einer Mastektomie oder Personen, die nicht in binäre Geschlechtermuster passen, erleichtern wollten und Dresden auch nicht die erste Stadt mit so einer Regelung war, ging gefühlt neben dem Bedürfnis über "Brüste" zu sprechen komplett unter.
Wir stellen als Piratenpartei immer wieder im Stadtrat Anträge, oft mir langer Vorbereitung, aber wenn 2 junge Frauen einbringen, dass Oben-ohne-Baden für alle erlaubt sein soll, wird es Großgespräch. Diese Berichterstattung war beschämend.
Anti-Kohle-Demo in Nochten
Auch in Sachsen gibt es Gebiete, die schwer vom Braunkohle-Abbau getroffen werden. Deshalb haben verschiedene Klimaorganisationen im Mai zu einem großen Protest beim Kohlewerk Nochten aufgerufen. Meine Eindrücke zu der Demo am 7. Mai, die sich fast wie ein Familienausflug angefühlt hat, habe ich auch ausführlich in einem Video-Erfahrungsbericht zusammen gefasst.
Aktivcongress von Digitalcourage
Der Aktivcongress in Remscheid vom 13. bis 16. Juli war für mich dieses Jahr der Einstieg in die Saison der Kongresse und Camps. Die Fahrt dorthin war sehr spontan, da ich lieber Weise kurzfristig eingeladen wurde und die Veranstaltung zuvor gar nicht so richtig auf dem Schirm hatte. So konnte ich auch erst am 2. Tag der Veranstaltung anreisen. Es gab exrem viele Workshops und ich konnte viele coole Leute kennen lernen. Ich habe bei dem Thema Fediverse unterstützt und z.B. mit Christian Pietsch eine kleine Fediverse Installationsparty angeboten. Aber am Schönsten war es abends in Ruhe zu quatschen und der eigentliche Höhepunkt war tatsächlich die Heimfahrt, die ich zu einem großen Teil der Strecke mit 2 Bekanntschaften vom Aktivcongress angetreten bin.
Auch wenn ich ein wenig das Gefühl hatte, dass ich kulturell doch einen anderen Hintergrund habe und mein aktivistisches Arbeiten sich sehr anders gestaltet, als das der meisten Anwesenden, war es ein interessanter Blick über meinen Tellerrand hinaus.
Einen Einblick in die Veranstaltung gibt auch die Rückschau von Digitalcourage selbst.
2. Fedicamp
Und direkt nach dem Aktivcongress in Remscheid ging es weiter, zum Camp meines Herzens, zum Fedicamp. Dieses fand bereits in 2. Auflage vom 18. bis 23. Juli statt und ich hatte das Glück, dass der liebe Seidla mich bereits einen Tag vorher mit dem Auto in Sachsen eingesammelt hat und ich so quasi einen Tag 0 vor Ort hatte.
Ich liebe die Menschen und die Stimmung beim FediCamp, die Zeit, den Zusammenhalt und den Austausch. Es ist für mich eines der absoluten Jahreshighlights.
Warum ich es so schön finde, zeigen vielleicht die Bilder von diesem Jahr und mein kleiner Erfahrungsbericht vom 1. Fedicamp.
Allerdings ist für mich dieses Jahr so etwas wie ein Zielkonflikt deutlich geworden: Die einen wollen so ein Treffen gern nutzen, um vor allem viel am Fediverse zu arbeiten, die anderen, um Zeit mit Menschen zu verbringen, die sie sonst nur online sehen und die Dritten irgendwas dazwischen. Weshalb in mir die Überlegung für einen Fork aufkam, mehrere Fedicamps, mit verschiedenen Schwerpunkten und dezentral, wie es bereits den östereichischen Ableger gibt. Denn wenn wer dezentral kann, dann wir aus dem Fediverse!
Chaos Communication Camp 2023
Noch spontaner als der Besuch beim Aktivcongress war für mich meine Reise zum CCCamp vom 15. bis 19. August. Ich hatte eigentlich nicht vor, zum CCCamp zu fahren, bis ich ein Ticket geschenkt bekommen habe und sehr spontan all meine Pläne umwarf.
Das CCCamp lässt sich für mich mit einem Wort zusammen fassen: Intensiv. So viele Eindrücke, so viele Menschen und so viel wirklich wichtige Begegnungen und Gespräche.
Ich war im für mich besten Village, der ChaosZone, und habe mich dadurch noch mehr in die Zone verliebt, als ich es eh schon war. Deshalb war es für mich auch besonders schön, die ChaosZone und den C3D2 auf der Bühne der ChaosFamily vertreten zu dürfen.
Für mich war das CCCamp eine großartige Erfahrung, auch wenn ich klar sagen muss: Das CCCamp ist nicht für alle Wesen etwas! Neben den offensichtlichen Hürden, wie den hohen Kosten, sind die vielen Eindrücke, der Lärm und die wenigen Rückzugsmöglichkeiten für viele herausfordernd. Ein besonderes Danke geht nochmal an C3 Authi und das Awareness-Team, die wirklich ihr Bestes gegeben haben, die Hürden zu senken.
Wer noch mehr Details zum CCCamp 23 haben möchte, ich habe einen recht ausführlichen Video-Erfahrungsbericht aufgenommen.
Reboot Politics
Ein neuer Politik-Podcast hat im September das Licht der Welt erblickt: Reboot Politics.
Florian Karow und ich sprechen im Zweiwochentakt über Politik aus Dresden, Deutschland und dem Internet und mir macht das Projekt unglaublich viel Freude. Mittlerweile haben wir eine kleine treue Hörendenschaft, die uns auch regelmäßig Feedback da lässt. Vielen Dank dafür!
Ende der Interviews für 28,2 %
Wenn wir schon beim Thema Podcasts sind: Die Interviews für meinen Podcast 28,2 % gingen zu Ende. Es war ein sehr schönes und für mich lehrreiches Projekt. Die Auswertung des Fragenpodcasts erfolgt in diesem Jahr durch eine Sonderfolge.
Bei anderen Podcasts zu Gast
In diesem Jahr war ich in so vielen Podcast zu Besuch, wie noch nie. Vielen Dank, dass ich bei Hacker Kultur, Captain it's Wednesday, Focus on Linux und /var/log/podcast/ vorbei schauen durfte.
Auch haben Manuel Wolf und ich den Dresdner Piratencast aus dem Tiefschlaf geholt und seit Ende 2023 gibt es wieder regelmäßige Folgen zur Dresdner Lokalpolitik.
Datenspuren
Dieses Jahr war ich tief in die Vorbereitung und der Ausgestaltung der Datenspuren involviert, des jährlichen Fachkongresses des Chaos Computer Clubs Dresden. Diese fanden auch dieses Jahr wieder zusammen mit den libertären Tagen am 3. Septemberwochenende statt. Meine Aufgabe war es im Vorfeld vor allem, mich um die Öffentlichkeitsarbeit zu kümmern, wodurch wir tatsächlich einiges an Aufmerksamkeit durch die Reihe #TalkDerWoche im Fediverse bekommen haben und auch als Veranstalter·innen einen Podcast-Auftritt beim Podcast Hacker Kultur hatten.
Vor Ort hatte ich den Hut für die Speaker·innen-Betreuung und Moderation auf, was mir sehr viel Freude bereitet hat und wodurch ich wirklich viele Talks direkt vor Ort gesehen habe. Außerdem habe ich einen Vortrag zum neuen Transparenzgesetz in Sachsen gehalten und zusammen mit Zahlenzauberin den Arbeitskreis für nachhatige Digitalisierung vorgestellt.
Eine Playlist mit allen Vorträgen der Veranstaltung findet ihr hier.
So schön die Datenspuren auch waren, die Organisation lag auf sehr wenig Schultern und es sind auch einige Sachen schief gelaufen, die wir dieses Jahr besser machen wollen. Z.B. wollen wir uns bei den nächsten Datenspuren intensiver mit der Auswahl der Talks beschäfitgen, haben zeitiger mit der Bewerbung der Veranstaltung begonnen und wollen Handreichungen für gewisse Engelaufgaben, also Aufgaben, die Freiwillige übernehmen, ausarbeiten.
Mal schauen, wie viel ich mich dieses Jahr einbringen kann, aber ich freue mich jetzt schon auf das 20-jährige Jubiläum und werde wieder mit dabei sein.
"#FediverseFachtag"
Die FSFE hat zusammen mit der Landeszentrale für politische Bildung NRW und der Volkshochschule Köln am 22. September den ersten Fachtag zum Thema Fediverse ausgerichtet und es war eine tolle, bisher leider einmalige Erfahrung. Ich war als Sprecherin zu den Vor- und Nachteilen von zentralen und dezentralen Sozialen Netzwerken eingalden und durfte neben Expert·innen wie Katharina Nocun und Tobias Diekershoff einleitenden Input in die Veranstaltung geben. Meinen Vortrag könnt ihr hier noch einmal nachholen.
Wir brauchen mehr solche Fachtage, um das Thema Fediverse noch breiter in unserer Gesellschaft besprechen zu können.
Matetasting beim Dezentrale-Geburtstag
Das wohl schrägste Projekt dieses Jahr war die Mate-Verkostung, die Schmittlauch und ich gemacht haben. Inspiriert von einer Wette bei Hacken dass... ? haben wir uns vorgenommen, aus 8 Mate Sorten, von denen uns 7 Stück mit verbundenen Augen gereicht wurden, 6 nur am Geschmack und der Beschaffenheit im Mundraum zu erkennen. Dafür gab es einiges an Vorbereitung und viel zu viel Mate an lauen Sommerabenden, bis es dann am 30. September so weit war: Zum 6. Dezentrale-Geburtstag fand der Kampf vor Publikum statt, wir gegen die Mate. Und wir haben gesiegt! Und Menschen haben tatsächlich mit uns mitgefiebert.
Theoretisch gab es auch eine Aufzeichnung des Spektakels, die hoffentlich noch ihren Weg auf Media.CCC schaffen wird.
FediTreffs wieder regelmäßiger
Seit diesem Jahr finden auch wieder die Dresdner FediTreffs regelmäßig statt. Ein Mal im Monat, immer am 2. Freitag, treffen wir uns im c3d2, um zusammen zu kochen, essen und zu quatschen. Diese Möglichkeit, die Menschen, die sich sonst nur online schreiben, offline zu verbinden, ist einfach schön.
AKND3
Ebenfalls in diesem Jahr kam der Stein für den Arbeitskreis für nachhaltige Digitalisierung Dresden so richtig ins Rollen. Wir haben uns mehr mit anderen Klimagruppen vernetzt und haben einige lokale Projekte unterstützt.
Wir treffen uns regelmäßig jeden Montag einer ungeraden Kalenderwoche um 18:45 Uhr im C3D2. Dort kochen wir (natürlich vegan) und planen Dinge. Kommt gern mal vorbei!
Arbeit bei der Dissidenten-Fraktion
Seit Ende 2022 habe ich einen sehr kleinen Mini-Job bei der Dissidenten Fraktion im Dresdner Stadtrat und bin dort für die Distribution der Fraktionszeitschrift, der Dissidenz, verantwortlich. Im Rahmen dessen war ich zusammen mit der Fraktion und den anderen Mitarbeiter·innen auch bei 2 Klausurtagungen, bei denen es um Kommunalpolitik und die Zukunft der Fraktion ging.
Wahlkämpfe und neue Vorstandsämter in der Piratenpartei
Einen besonders großen Anteil an meiner politichen Arbeit hatten in diesem Jahr die Vorbereitungen für die Wahlen im Jahr 2024. Zum einen habe ich jetzt zwei neue Vorstandsämter, so wurde ich im Juni zur Politischen Geschäftsführerin der Piratenpartei Dresden und im November zur Vorsitzenden der Piratenpartei Sachsen gewählt. Zwei Ämter, die viel Verantwortung für das politische Geschehen in der Wahlkampfzeit mit sich bringen. Ich bin sehr dankbar für das Vertrauen, dass mir unsere Mitglieder mit diesen Wahlen geschenkt haben.
Zum anderen wurde ich ebenfalls im November auf Listenplatz 1 unserer Kandididerenden-Liste für die kommende Landtagswahl in Sachsen gewählt.
Die Landtagswahl ist in der aktuellen politischen Lage eine unglaublich große Herausforderung. Meine persönlichen Themen für Sachsen sowie Updates zu unserem Wahlkampf findet ihr ebenfalls hier auf meiner Website.
Demos und politisches Grundrauschen
Auch gab es wieder viel politisches Grundrauschen, wie Parteitage auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene, wo ich neben den Parteitagen meiner eigenen Gliederungen auch bei den Piraten in Schleswig Holstein in Tydal zu Besuch oder in Leipzig beim Kreisparteitag war. Außerdem war 2023 wieder ein sehr volles Demo-Jahr, vom 13. Februar über Klimastreiks bis hin zu Anti-Tierquälerei-Demo vorm Weihnachtscircus in Dresden war wieder alles dabei.
37C3
Mein Jahresende war ein sehr Besonderes, denn nach 3 Jahren Pause, gab es wieder eine große Jahresendveranstaltung des CCCs, es gab wieder einen Chaos Communication Congress. Es war schön und überwältigend und ich konnte wieder viele Menchen treffen, die ich sonst leider nur selten sehe. Ich habe viel Gutes mitnehmen können, auch wenn einige Sachen nicht so ideal gelaufen sind. Meinen persönlichen Videobericht und eine kleine Bewertungsliste der Talks, die ich vor Ort besucht habe, findet ihr hier.
Und wie geht es weiter?
Mit Schwung! Wie ihr bereits gelesen habt, habe ich einiges vor, vor allem mit Hinblick auf die Wahlen. Der Landtagswahlkampf wird viel Kraft kosten, außerdem möchte ich mich für die Kommunalwahlen in Dresden in meinem Heimat-Wahlkreis Cotta/Löbtau für die Stadtratswahl und die Stadtbezirksbeiratswahl aufstellen lassen. Ich freue mich darauf, die Wahlkämpfe mit meinem Kreis- und Landesverband zusammen zu rocken!
Außerdem habe ich einige Podcastpläne und ich freue mich unendlich doll auf das Datenspuren-Jubiläum im September. Auch wenn vieles düster scheint, es gibt viel, für das es sich auch 2024 zu kämpfen lohnt und das werde ich aus vollem Herzen tun!